Die Fähigkeit Verletzten und Verwundeten Erste Hilfe zu leisten ist nicht nur im Einsatz von Bedeutung. Auch im zivilen Leben kann sie eine große Rolle spielen. Wir haben die Einsatzersthelferausbildung an der Universität der Bundeswehr begleitet.
Universität der Bundeswehr am 06. März 2024, 13 Uhr.
Kurz nach der Mittagspause beginnt für einige Studierende in einem Hörsaal im Gebäude 33 die Ausbildung für die Einsatzersthelfer. Im theoretischen Teil schauen sich die Teilnehmenden einen Galileo-Beitrag an. In dem kurzen Ausschnitt wird ein Unfall skizziert, wie er Jedem im täglichen Straßenverkehr begegnen kann. Bereits hier wird Wissen zum Thema Erste Hilfe abgefragt. Einige bringen ihr Vorwissen ein, andere hören nur interessiert zu. Nach etwa 40 Minuten der Theorie geht es weiter zum praktischen Teil. Das vierköpfige Ausbilderteam, das die Ausbildung durchführt, teilt die Teilnehmenden in zwei Gruppen auf. Dann geht es weiter zur Stationsausbildung. Die Stationen decken die Ausbildungsinhalte des MARCH-Schemas, Versorgung von offenen Wunden und Traumata, sowie Verfahren zum Absuchen von Verwundeten nach äußeren Verletzungen (Bloodsweep) ab.
Nach dem Vormachen folgt, wie üblich das nachmachen. In Zweier-Teams wiederholen die Teilnehmenden das Erlernte. Die lange Zeit ohne praktische Ausbildung, bedingt durch Corona, macht sich bei einem Großteil der Teilnehmenden bemerkbar. Ebendies bestätigen uns auch die Ausbilder, die jedoch vom Engagement und dem Lernwillen der Teilnehmenden erfreut sind. Im weiteren Verlauf der Ausbildung erklären die Ausbilder, was sich mit der Umstellung von CABCDE zu MARCH verändert hat und wie es dazu kam. Es sei vor allem von den USA innerhalb der NATO gefordert worden, um die Vereinheitlichung international zu verbessern.
Ähnlich erklärt dies auch Frau Oberstabsarzt Dr. Beck von der Sanitätsakademie der Bundeswehr: „Zur Vereinheitlichung der Versorgung im taktischen Kontext nach TCCC-Standard (Tactical Combat Casualty Care, Anm. d. Red.). Vor allem aufgrund der intensiven Zusammenarbeit mit Sanitätspersonal aus der ganzen Welt ist eine einheitliche Sprache elementar.“ Normalerweise würde zur Ausbildung auch die Erste Hilfe, z.B. in dunklen Räumen gehören. "Leider können wir hier an der Uni, nicht wie gewöhnlich alle Teilnehmenden das Gelernte in stressigeren Situationen anwenden lassen", ergänzt ein Ausbilder später. Dazu fehle die Zeit.
Während der Corona-Zeit ging bei den Studierenden viel Wissen über die Erstversorgung verloren. Wir möchten wissen wie der Ausbildungsstand ist. Auf dem Campus fragen wir nach:
Das "alte" Schema CABCDE bietet eine einheitliche Reihenfolge von Verfahren, die angewendet werden können, um auch mit geringem Fachwissen und Kenntnis von internen Abläufen des Körpers eine verwundete oder verletzte Person zu stabilisieren. Dazu werden zuerst, möglichst rasch auffällige, schwere Blutungen gestillt. Im Anschluss müssen freie Atemwege sichergestellt werden um danach die Atmung durch ebendiese Atemwege zu kontrollieren. Weiterhin wird überprüft, ob der Blutkreislauf eingeschränkt ist. Als nächstes muss sich der Ersthelfer oder die Ersthelferin den Bewusstseinszustand der Person versichern. Im nächsten Schritt prüft der Ersthelfer oder die Ersthelferin die Situation, um festzustellen, ob weitere Maßnahmen nötig sind. Ihr Ziel ist es, eine solide Grundlage für eine weitergehende medizinische Versorgung zu schaffen, idealerweise durch medizinisches Fachpersonal.
Das MARCH-Schema stellt wie das CABCDE-Schema eine Art Leitfaden da, an denen sich der Ersthelfer entlang arbeiten kann. „Bei der Behandlung gibt es keine Unterschiede. Beide Verfahren behandeln zuerst die lebensgefährlichsten Verletzungsmuster bzw. Krankheitsbilder („treat first what kills first“).”, erklärt uns Frau Oberstabsarzt Dr. Beck. Wie bekannt müssen zuerst massive Blutungen gestillt werden. Im Anschluss daran werden die Atemwege kontrolliert und deren Funktion festgestellt. Danach werden die Atmung und der Kreislauf kontrolliert. Wie auch bei CABCDE muss im Anschluss die verwundete oder verletzte Person vor dem Auskühlen geschützt werden. Größter Unterschied zu CABCDE: "Bei MARCH liegt der Fokus beim letzten Buchstaben „H“ vor allem auf dem Kopf („Head“) und der Prävention/Behandlung einer Hypothermie."
Die Bundeswehr hat, um die theoretische Ausbildung zu verbessern eine eigene App entwickelt. Diese App soll Soldatinnen und Soldaten nicht nur beim Lernen unterstützen, sondern den theoretischen Teil vollends abdecken. Bislang sollten sich die Soldaten im Selbststudium die Theorie beibringen. Es fiel aber auf, dass die Soldaten im praktischen Teil, theoretische Inhalte nicht anwenden konnten, erklärt uns Oberleutnant Marc von der Sanitätsakademie der Bundeswehr in München, Projektleiter der App .
Zielgruppe sind vor allem Mannschaftssoldaten und Unteroffiziere. Diese haben in der Regel keinen bzw. keinen ständigen Zugang zum Intranet, was bisherige Lernerfolge erschwerte, da die Soldatinnen und Soldaten nicht effektiv nach Dienstschluss lernen konnten.
Daher entwickelte man eine eigene App, welche auch in der Testphase gut ankam. Vor der Freigabe muss die App allerdings noch von der BWI an die Sicherheitsarchitektur der Bundeswehr angepasst werden. Danach soll sie für Soldaten in ähnlich einfacher Weise funktionieren, wie beispielsweise die E-Token App fürs Bahnfahren. Begleitet wurde die App-Entwicklung von der Universität der Bundeswehr in München.