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Tabletop

Ein faszinierendes Hobby jenseits des Mainstreams – Wie Würfel und Miniaturen Menschen in fantastische Welten entführen

Eine Multimediastory von Niclas Seeling und Sebastian Schmidt



Was ist Tabletop eigentlich?

Tabletop - ein Hobby, das Strategie, Kreativität und gemeinsames Spielen verbindet. Mit Miniaturen auf einem Spielfeld entstehen taktische Kämpfe, spannende Missionen und packende Geschichten. Es handelt sich hierbei um ein kompetitives Brettspiel für Erwachsene, bei dem die Spieler ihre Armeen in Zügen bewegen mit dem Ziel die Armee des Gegners zu vernichten oder bestimmte Missionziele zu erfüllen. Die Einheiten haben hierbei bestimmte Fähigkeiten die durch würfeln aktiviert werden können. Ein Spiel ist in Runden unterteilt. Pro Runde kann jeder der Spieler seine Armee über das Schlachtfeld manövrieren. Wie weit sich eine Einheit bewegen kann, auf welche Reichweite ihre Waffen Wirkung entfalten und über wie viel Gesundheit sie verfügt ist in den umfassenden Regelwerken festgelegt.

Die Anfänge des Tabletops

Die Wurzeln des modernen Tabletop wie wir es heute kennen, liegen im preußischen „Kriegsspiel“. Dieses militärische Planspiel, welches im 19. Jahrhundert entwickelt wurde, diente der strategischen Ausbildung junger Offiziere der preußischen Armee. Trotz der anfänglichen Skepsis älterer Offiziere an dieser Ausbildungsmethode, erfreute sich das Kriegsspiel unter den Jüngeren großer Beliebtheit, welche sich sogar auf den preußischen Kronprinzen und zukünftigen deutschen Kaiser Wilhelm I. ausbreiten sollte.

Unter der Annahme, dass vor allem das Kriegsspiel einen großen Anteil an dem gewonnenen deutsch-französischen Krieg ausmachte, wurde es auch im Ausland populär und war um 1880 in allen europäischen Armeen Teil der Offiziersausbildung.

Tabletop heute

Der große zivile Durchbruch erfolgte dann fast ein Jahrhundert später, mit Dungeons & Dragons, welches 1970 Rollenspiel- und Tabletopelemente kombinierte.

Später sollten Erfolgstitel wie Warhammer (1983) folgen, welche eine eigene Miniatur-Wargaming-Szene begründete. Heute sind Tabletop-Spiele ein fester Bestandteil der Geek- und Popkultur, mit weltweiten Turnieren, aufwändigen Miniaturen und digitalen Erweiterungen, die das Genre stetig weiterentwickeln.







Das Deck & Dice - Tabletop in München



Hinter einer unscheinbaren Bürofassade in München-Steinhausen liegt ein wahres Paradies für jeden Tabletop-Fan. Als ein Herzensprojekt von aktiven Spielern gegründet, finden sich auf 160 Quadratmetern alles was es zum spielen braucht. Jakob ist einer der Geschäftsführer von Deck & Dice und erklärt wie es zu der Idee kam.









Der Club - Von der Idee zum Resultat

In diesem Bürogebäude würde wohl kaum jemand einen Tabletop-Club vermuten

Nur der lebensgroße Pappaufsteller eines Space-Marines im Flur deutet darauf hin, dass hier mehr als nur Büroräume sein könnten

Neben dem eigentlichen Spielbereich...

gibt es auch einen kleinen Shop...

sowie eine Bastelecke zum zusammenbauen und bemalen der Figuren



Das Deck & Dice ist noch relativ jung. Erst im Oktober 2024 haben Jakob und seine Freunde das Projekt begonnen, nach Feierabend aus einem öden Großraumbüro einen Tabletop-Club zu machen. Einer der Gründe dafür war die eigene Erfahrung, dass es in München, verglichen mit anderen Großstädten Deutschlands, nur wenige Anlaufstellen gibt um zu spielen. Also haben sie die Sache selbst in die Hand genommen.

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Faszination Tabletop

Was sind die beliebtesten Systeme bei den Spielern?

Es gibt zahlreiche verschiedene Tabletop-Systeme aus den unterschiedlichsten Genres und mit den unterschiedlichsten Regelwerken. Die mit Abstand größten Systeme sind Warhammer und Warhammer 40K der Firma Games Workshop. Diese beiden sind auch die am häufigsten gespielten Systeme im Deck & Dice.

Die Welt von Warhammer ist noch viel größer als die Welt die Tolkien erschaffen hat.

Jakob

Auch auf Jakob übt die umfangreiche Welt von Warhammer 40K die größte Faszination aus. Neben dem eigentlichen Tabletop-Spiel verfügt das Genre inzwischen über eigene Filme, Serien, Bücher, Videospiele und vieles mehr.





Die Spielerzahlen im Deck & Dice



Im Gegensatz zu vielen anderen Tabletop-Geschäften ist der Verkauf der Produkte eher Nebensache im Deck & Dice. Der Großteil der Einnahmen wird durch die Mitgliedsbeiträge der Spieler generiert, die dafür die Räumlichkeiten nutzen können. Das sind neben der Spielfläche auch die "Bastelecke" oder auch Spinde um die eigene Armee zu lagern. Wie reagiert die Community auf dieses eher ungewöhnliche Geschäftsmodel?

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Die Spielerzahlen:

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aktive Spielerinnen und Spieler hat Deck & Dice ungefähr.

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von ihnen sind Frauen.

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sind internationale Spieler, z.B. aus den USA, Spanien, Frankreich oder Finnland.

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Jahre beträgt der Altersdurchschnitt der Mitglieder.



Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das regelmäßige Veranstalten von besonderen Ereignissen. So können Spieler z.B. an Malworkshops teilnehmen oder neue Systeme bzw. neue Einheiten Probe spielen. Doch besonders relevant sind Turniere. Hier können sich Spieler unter der Aufsicht eines offiziellen und zugelassenen Schiedsrichters in einem kompetitiven Rahmen messen.

Dass es dabei auch manchmal kurzfristig zu Problemen kommen kann und wie diese gelöst werden können, erzählt Jakob etwas.

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Die Gemeinschaft

Dass die Idee von Deck & Dice auch bei den Spielern gut ankommt, erzählt Dominik. Bis er auf den Club gestoßen ist, hatte er Probleme Mitspieler zu finden.

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So bietet Deck & Dice auch Spielern die nur jemanden suchen, um nach Feierabend oder am Wochenende eine einfache Runde zu spielen, tolle Möglichkeiten. Vom Hausmeister bis zum Anwalt ist jeder willkommen.











Die Herstellung der Figuren

kaufen, grundieren, anmalen

Die Herstellung der Figuren ist der wohl aufwändigste Schritt auf dem Weg zur eigenen Tabletop-Armee. Je nach Genre gibt es verschiedene Einheiten die wenige Millimeter bis über 50 Zentimeter groß sein können. Hier ist also Fingerspitzengefühl gefragt.

Kauft man sich einen fertigen Satz, werden die Miniaturen aus dem Raster gelöst, zusammengeklebt, grundiert und am Ende noch bemalt. Ein Prozess der je nach Figur mehrere Stunden bis Tage dauern kann. Viele Spieler geben den Figuren auch gerne einen persönlichen Touch indem sie zum Beispiel den Sockel der Einheit an das Gelände anpassen oder die Miniatur durch Einschusslöcher oder Schrammen besonders kampferprobt wirken lassen.

Begleitet Magnus wie er seinen neusten Einheiten den letzten Schliff verpasst und erklärt, worauf es für ihn bei einer guten Figur ankommt.













Wie Magnus mit dem Pinsel eine Armee aufstellt

Für Magnus ist das Bemalen der Figuren keine nervtötende Handarbeit die nötig ist, um spielen zu können. Die Herstellung ist für ihn einer der Hauptgründe warum er Tabletop liebt. Der Prozess vom Rohling bis zur fertigen Figur, die Inspiration bei der Bemalung und das Einfließen lassen eines persönlichen Touchs haben für ihn etwas meditatives.





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1. Der "Meditationsprozess"

Für viele Tabletop-Fans ist weniger das Spielen und mehr das Bemalen der Figuren der Grund, warum sie Tabletop so lieben. Magnus ist einer von ihnen. Er erklärt warum er so denkt.

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2. Inspiration und persönlicher Touch

Neben den offiziellen Anleitungen zum Bemalen gibt es unzählige Möglichkeiten sich inspirieren zu lassen und den Figuren einen eigenen Touch zu geben.



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3. Farbwahl und Bemalung

Allein für die Figuren des Warhammer 40K Universums gibt es über 300 "offizielle" Farben. Wie er diese zusammenmischt und welche seine Lieblingsfarbe ist erklärt Magnus hier.

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4. Die Dauer

Je nach Größe der Figur kann die Herstellung einige Stunden bis mehrere Tage in Anspruch nehmen. Soll die Miniatur durch eine persönliche Note noch eine eigene Geschichte erzählen, kann es auch gerne noch länger dauern.

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5. Wann ist die Figur perfekt?

Man kann die Figur natürlich nur nach Anleitung bauen und bemalen. Für Magnus sind es aber andere Aspekte die die perfekte Miniatur ausmachen.







Der persönliche Touch macht es aus



So wie Magnus denken viele Spieler. Uns sind einige Figuren über den Weg gelaufen, die durch aufwendige Verzierungen auffallen und eine Geschichte erzählen sollen.

Beim Tabletop ist die Liebe zum Detail gefragt: Bei dieser Figur wurde der Sockel durch eine Landschaft ersetzt. Zu Füßen des Titans befindet sich eine Höhle mit einem Sammelnest für Verwundete.

Diesem Titan wurde eine kleinere Figur hinzugefügt, die ihn anführt.

Hier wurde mit weiß angemalten Büroklammern ein Blitzeffekt erstellt, der die rauen Wetterverhältnisse auf der Heimatwelt der Einheiten widerspiegeln soll.

Auch ganze Schlachtfelder werden von Hand erstellt. Hier hat ein Spieler Tage damit verbracht mithilfe von Styropor, Holz und Erde ein realistisches Grabensystem zu bauen.







Die Herstellung mit dem 3D-Drucker



Neben dem klassischen Kauf der Figuren setzten auch immer mehr Spieler auf 3D-Drucker. Das hat einerseits den Vorteil, dass es günstiger ist, andererseits sind der Fantasie damit kaum Grenzen gesetzt. Neben zahlreichen Bauplänen die im Internet frei verfügbar sind können Spieler auch komplett neue Figuren herstellen und miteinander kombinieren.

  • Video: Jordan Geelhaar







Wie Jordan seine eigenen Tabletop- Armeen erschafft – ganz ohne Magie



Jordan ist der stolze Besitzer von zwei 3D-Druckern mit denen er seine Figuren einfach selbst herstellt. Neben Tabletop spielt er auch gerne Pen-&-Paper-Rollenspiele für die er auch Figuren oder ganze Landschaftsteile selbst macht. Bei Pen-&-Paper handelt es sich um Rollenspiel, bei dem die Spieler fiktive Rollen einnehmen und gemeinsam durch Erzählen ein Abenteuer erleben.

Ob nun Gebirge oder filigrane Monster, die Technik setzt seiner Fantasie kaum Grenzen.



Jordan besitzt einen offenen sowie einen geschlossenen 3D-Drucker

Es sind einige Werkzeuge notwendig um die Figuren von den Stützstrukturen zu befreien, die bei der Herstellung entstehen

Ob Berge, Mauern, Monster oder Panzer, fast alles lässt sich mit dem 3D-Drucker herstellen

Selbst kleinste Figuren wie diese Panzer, die kaum größer als ein 10-Cent-Stück sind, stellen kein Problem dar



Aber wie ist Jordan auf die Idee gekommen seine Figuren selbst herzustellen und welche Vorteile sieht er darin? Das beantwortet er im Interview.



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Tabletop an der Universität der Bundeswehr

Auch an der Universität der Bundeswehr gibt es zahlreiche Tabletop-Spieler. Organisiert sind sie in der IG Tabletop. Hier finden sie sich zu Treffen zusammen und organisieren gemeinsame Spiele. Neulinge sind stets willkommen.

Das aktuell beliebteste System ist Killteam. Dieses spielt auch im Universum von Warhammer 40K, ist allerdings auf kleinere Schlachten ausgelegt. So verfügt der Spieler hier nur über einen einzelnen Infanterietrupp, statt über eine ganze Armee mit Panzern und Dreadnoughts. Die Runden sind dadurch kürzer und es können auch mehr als zwei Spieler gleichzeitig spielen. Begleitet Nicholas, Oliver und Oscar bei ihrem Spiel.



Nicholas (links) und Oscar studieren das Regelwerk. Für Oscar ist es sein erstes Tabletop-Spiel

Oscar hat sich für das Spiel einen Infanterietrupp von Oliver geliehen

Oliver hat noch mehr Reserven in Petto

Die Maßbänder auf dem Tisch werden genutzt um die Bewegungs- und Waffenreichweite der Einheiten zu messen

Einheiten können auch taktisch hinter Türen platziert werden um den Gegner unter Beschuss zu nehmen





Kritik von Spielern - Der Vorwurf der Kommerzialisierung

In den letzten fünf Jahren hat Games Workshop die Preise für Warhammer-Miniaturen kontinuierlich angehoben – und das nicht zu knapp. Jährliche Preiserhöhungen zwischen 3 % und 7 % haben dazu geführt, dass sich die Kosten für Hobbyisten spürbar summieren. Während 2020 und 2021 die Preise moderat stiegen, folgte bis 2024 ein Preisanstieg von rund 15 %. Diese Entwicklung zeigt, dass Warhammer längst nicht mehr nur ein kreatives Hobby ist, sondern zunehmend zur Luxus-Leidenschaft wird. Und diese Leidenschaft lassen sich die Hersteller gut bezahlen.

An dem Beispiel der „Tactical Squad Box“ erkennt man den Anstieg des Preises innerhalb der letzten Jahre:

Ich bin damit einverstanden, dass mir Diagramme von Datawrapper angezeigt werden.

Die Box besteht aus 10 Miniaturen und soll Spielern eine gute Grundlage für erste Spiele bieten. Andere Figuren können mehrere Hundert bis Tausend Euro kosten.

Die Tactical Squad Box ist ein Produkt für Einsteiger

Der Astraeus Super-Heavy Tank ist deutlich kostspieliger. Je nach Shop kostet er 420$.

Der Mastodon Super-Heavy Assault Transport kann gerne mal mit 630$ zu Buche schlagen

Ein Mars Pattern Reaver Titan ist für rund 1.300$ zu haben

Große Raumschiffe wie der Legion Sokar Stormbird sind besonders teuer. Er kostet aktuell 1.580$

Auch das Raumschiff Manta ist mit 2.010$ kein besonderes Schnäppchen

Die derzeit teuerste, offizielle Figur auf dem Markt ist der fast 60 cm große Mars Pattern Warlord Titan mit 2.240$



Wie sieht Jakob diesen Vorwurf der Kommerzialisierung?

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Ein weiterer Kritikpunkt der häufig vorgebracht wird ist, dass neue Einheiten absichtlich von den Herstellern besonders stark gemacht werden. Das führe insbesondere unter kompetitiven Spielern zu einem Zugzwang die neuesten Einheiten zu besitzen um in Ligaspielen konkurrenzfähig zu bleiben.

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Ein Ausblick

Lange Zeit galt Tabletop als ein Hobby für eine eingeschworene Gemeinschaft von Fantasy- und Sci-Fi-Enthusiasten. Dies hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Alleine Games Workshop führt mittlerweile 17 Tabletop-Filialen für das von Spielern beliebte Warhammer-Franchise in ganz Deutschland. Hinzu kommen etliche andere Spielsysteme und Spieleläden, welche in ihrem Sortiment Tabletop-Produkte anbieten.

Tabletop ist längst kein reines Nerd-Hobby mehr. Serien wie Stranger Things haben das Interesse an Rollenspiel- und Tabletop-Welten geweckt, während Prominente wie Henry Cavill offen ihre Leidenschaft für Warhammer 40K zeigen. Solche Vorbilder sorgen für einen Imagewandel und machen das Hobby "gesellschaftsfähig".

Obwohl Tabletop seit seiner Entstehung immer mehr Beachtung und Bekanntschaft in der Gesellschaft erfahren hat, ist es allerdings noch immer kein Hobby welches im Mainstream angekommen ist. Durch die digitale Vernetzung ist es für die Enthusiasten aber nun wesentlich einfacher miteinander in Kontakt zu treten und Spielergruppen zu bilden. Trotz der gegenüber anderen Hobbys eher niedrigen Spielerzahlen hat sich hier eine Gemeinschaft gebildet und Tabletop genießt einen festen Platz in der modernen Spielelandschaft.